Von 2010 bis 2020 war ich in der Gefängnisseelsorge im Männergefängnis „San Juan de Lurigancho“ in Lima tätig.
Gott hat mir schon vor meiner Weihe sehr weite Räume eröffnet und so war ich 1990 als Student ein Jahr in Cajamarca/Peru bei Bischof José Dammert, der mich durch sein priesterliches Zeugnis bis heute im Herzen begleitet. In der Weite der peruanischen Anden stand er ein für die Campesinos und einfachen Menschen. Weite Fußmärsche und ein immer offenes Bischofshaus wurden für mich in dieser Zeit zum Inbegriff einer priesterlichen Existenz an der Seite der Armen, und dies in politisch durchaus gefährlicher Zeit. So weit die Distanz zur Heimat und der Raum der Anden auch für mich waren, so sehr begeisterte mich, mit welcher Bescheidenheit dieser Bischof nur einen kleinen Raum des Bischofshauses bewohnte und im Patio die Menschen empfing. Morgens sah man den Bischof seine Zeitung an der Ecke kaufen, immer war er ansprechbar für die Probleme seiner Leute. Es schien, dass die Enge des persönlichen Wohnraumes ihm umso mehr eine Weite für alle Sorgen der Menschen eröffnete. Mit Ruhe und Ernsthaftigkeit gab Don José dem Anderen überall in seinem Leben Raum, um ihm und durch ihn auch Gott zu begegnen.
Nach meiner Kaplanszeit von 4 Jahren in Lüdenscheid in einer großen Kaplanswohnung ging ich 1999 als Dorfpfarrer in die südlichen Anden in das Dorf Pauza. Zusammen mit einer deutschen Gemeindereferentin, zwei Schwesterngemeinschaften, Religionslehrern und Katechetinnen durfte ich 5 Jahre 60 Dörfer und Kapellen betreuen. Ausgangsbasis für unser Leben, Arbeiten und Glauben war eine Holzbaracke in einem wunderschönen Pfarrgarten. Ich brauchte nur ein kleines Schlafzimmer und wir teilten uns alle übrigen Räume. Aber nicht nur bei den äußeren Räumen habe ich dort gespürt, dass Reduzierung und Konzentration eine neue Weite gibt. Da, wo ich mich in der Begegnung mit den Menschen zurücknehmen konnte (was mir persönlich manchmal nicht leichtfällt), da bekam ich ungemein viel Neues geschenkt. Diese Erfahrungen haben auch meine Berufung als Priester verändert und geprägt.
Die Jahre von 2004 bis 2010 habe ich dann in der deutschen Pastoral in Essen-Katernberg verbracht. Auch diese Zeit möchte ich nicht missen, da ich an der Umstrukturierung und Bildung größerer pfarrlicher Räume kreativ mitwirken durfte. Nach 5 Jahren in Deutschland war es dann aber ein wunderbares Gefühl, alle Möbel und meinen gesamten Hausstand bis auf 10 Kisten für immer wegzugeben. Gott rief mich wieder hinaus in die Weite und da stören Küchenschrank und Co. nur.
Die 10 Jahre als Gefängnispfarrer in Lima/Peru haben mich herausgefordert und zugleich geprägt. 10.000 männliche Gefangene teilen sich den Raum von 21 Wohnbaracken unter menschenunwürdigen Verhältnissen. Ich verlasse Lima mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Den chaotischen Verkehr der 10 Millionen Einwohner-Stadt Lima werde ich nicht vermissen. Meine Jungs aus der Drogentherapie und die begeisternden Gottesdienste im Knast jedoch sehr.
Nach einer Corona-Zwangspause von über einem Jahr in der ich der Pastoral der Pfarrei St. Peter und Paul in Hattingen mitarbeiten durfte, ging es im September 2021 wieder zurück nach Peru, um dem Bischof von Caraveli im Süden des Landes beim Aufbau einer Sozialpastoral in den Anden zu helfen. Mein Standort wird Nasca sein, von wo aus ich die Bergdörfer der Anden betreuen werde. Begleitet mich in die Weite und lasst euch regelmäßig über das Leben und den Glauben der Menschen in Peru informieren!